3-Bets vor dem Flop

Eine 3-Bet preflop bedeutet, ein Open Raise oder ein Isolation Raise vor dem Flop mit einem Re-Raise zu erwidern. Häufige 3-Bets sind ein wichtiger Bestandteil des profitablen Pokerspiels. 3-Bets haben gegenüber Calls schon an sich eine Reihe allgemeiner Vorteile:

Wir können eine Menge Pots ohne Gegenwehr kassieren. Das ist schon mal eine sehr zuverlässige Ertragsquelle.
Wir können mit Blättern mit einem höheren EV schon früh einen Pot aufbauen und sie auf diese Art profitabler machen.
Wir können das Spielerfeld verkleinern, um zu gewährleisten, dass wir den Pot so oft wie möglich gewinnen, und zwar entweder beim Showdown oder indem wir uns die Fold Equity nach dem Flop zu Nutze machen.
Nach einer 3-Bet erscheint unsere Range praktisch unbegrenzt, das heißt, wir können die stärksten Starthände darstellen.

In diesem Beitrag wollen wir uns auf Ranges statt auf bestimmte Pokerblätter konzentrieren. Gelegenheiten für 3-Bets ergeben sich sehr häufig, deshalb ist es wichtig, das Gesamtbild zu betrachten. Würden wir jede Hand für sich alleine spielen, hätten wir schnell eine unausgeglichene und unhaltbare Strategie. Indem wir uns jedoch mit der richtigen Range für 3-Bets in bestimmten Situationen befassen, können wir zudem einen Plan für jede mögliche Kombination von Startkarten schmieden und nicht nur für die, die wir in diesem Augenblick haben, sei es AJo oder 55.

Lineare Value-Ranges

Die einfachste Art von Strategie, die uns zur Verfügung steht, ist es, nur mit solchen Blättern eine 3-Bet zu machen, die voraussichtlich gut abschneiden im Vergleich mit der Range des Villains, mit der er weiterspielen wird (Continuance Range). Dies wäre am besten immer dann unser Plan, wenn wir davon ausgehen, dass unser Gegenspieler eine Menge 3-Bets mit einem Call erwidern wird und nur sehr selten mit einem Fold. Bei einem solchen Gegenspieler haben wir keinen Anreiz mehr, mit einer weiteren Bandbreite an Starthänden eine 3-Bet als Bluff zu setzen. Eine lineare 3-Bet-Range bedeutet, dass wir mit allen Starthänden von AA abwärts bis hin zu denen, die wir als zu schwach ansehen, eine 3-Bet setzen.

Eine lineare Value-Range bedeutet, dass wir wieder bei den Blättern ganz oben anfangen, 3-Bets zu setzen – dies jedoch nur dann, wenn das Blatt sich dafür eignet, damit mit einer 3-Bet Value zu generieren (siehe die korrekte Beschreibung der Wertgenerierung in Teil 4 dieser Serie). Wenn unser Gegenspieler sehr tight-passiv ist und mit den meisten Blättern in seiner schmalen Opening Range mit einer 3-Bet mitgehen wird, würde unsere Wahl hier auf so komfortable Blätter wie [QQ-AA, AK] fallen. Anders sähe es aus, wenn wir in Position wären und unser Gegner ein Freizeitspieler ist, der loose spielt, und mit viel zu vielen Blättern erhöht und mit 3-Bets mitgeht. In diesem Fall könnten wir sein Raise verdreifachen, und das mit einer sehr viel weiteren Bandbreite an Blättern.

Im Folgenden ein Beispiel einer solchen ausgedehnteren linearen Value-Range, bei dem wir in Position sind und unser Gegenspieler loose spielt und eine weite Opening Range hat. Blau bedeutet ein Call mit diesem Blatt, Grün eine 3-Bet wegen des Values und alle anderen Blätter sind ein Fold.

Linear (3-Bet oder Fold)

Ein Raise mitzugehen (flatting) ist manchmal gar keine reizvolle Option. Unter bestimmten Bedingungen sollten wir es vermeiden, eine Art von Calling Range gegen Open Raises zu entwickeln: Immer dann, wenn es eine Kombination gibt aus schlechten Pot Odds, schlechter Position und aktiven 3-Bettors, die nach uns am Zug sind. Die schlechteste Position für den Call eines Open Raises ist für uns der SB. Dies trifft umso mehr zu, wenn der Open von einem Spieler in einer späteren Position kommt und er deshalb die verbleibenden Spieler zu dem Versuch eines „Squeeze Plays“ verlocken könnte. Selbst der BU kann manchmal eine unschöne Situation für den Call eines Open Raises sein, insbesondere dann, wenn in den Blinds zwei spielerfahrene und aggressive Gegner sitzen.

Wenn diese Faktoren unserer Meinung nach zu negativ ausfallen, um eine Calling Range aufzubauen, setzen wir einfach mit jedem Blatt, das wir spielen wollen, eine 3-Bet. Das entspricht einer linearen Strategie. Da es sinnlos wäre, schwächere Blätter zu spielen als die, die wir niederlegen, gibt es keine Lücken in unserer 3-Bet-Range. Diese geht von AA bis hin zu jedem Blatt, das wir als gut genug erachten, um damit Druck aufzubauen und auf einen Fold zu hoffen (quasi auf Fold Equity zu setzen). Einige der 3-Bets in dieser Range setzen wir des Values halber, andere, um unseren Gegenspieler manchmal zu einem Fold zu bewegen, und wieder andere aus beiden Gründen. Es ist nicht zwingend, dass unsere 3-Bets deutlich in eine der beiden Kategorien Value oder Bluff fallen, damit die 3-Bet der richtige Spielzug ist.

Nehmen wir einmal an, ein erfahrener aggressiver Spieler auf dem BU macht einen Open Raise und wir gehen davon aus, dass er dies mit ca. 50% seiner Starthände tun wird. Die Range, mit der wir hier auf Verteidigung unseres Small Blinds spielen würden, indem wir immer eine 3-Bet setzen, könnte so aussehen:

Polare Ranges

Die letzte Art von Strategie, die wir im Rahmen des Themas 3-Bets näher betrachten, ist die polare (oder polarisierte) Range. Diese polare Range setzt sich zusammen aus drei Unterkategorien. Ganz oben haben wir die 3-Bet-Value-Range. Wie bereits erwähnt, ist dies die Reihe von Starthänden, mit denen wir voraussichtlich immer noch gut dastehen, wenn wir einen Call von unserem Gegenspieler kriegen.

Der Unterschied zwischen einer polaren Strategie und einer linearen Value-Strategie ist folgender: Nach den Blättern in unserer Calling Range kommt noch eine neue Gruppe von Blättern. Letztere sind zwar zu schwach für einen Call, jedoch voraussichtlich geeignet für einen profitablen 3-Bet-Bluff. Natürlich ist der wichtigste Grund dafür, überhaupt eine polare Strategie zu entwickeln der, dass du deinen Gegner oft zu einem Fold bringen kannst (also eine voraussichtlich hohe Fold Equity). Es wäre irrational, mit schwachen Starthänden 3-Bets gegen einen Spieler zu wagen, der den Fold-Button vermeidet wie die Pest.

Neben einer hohen Fold Equity gibt es eine weitere notwendige Bedingung für die Anwendung einer polaren 3-Bet-Range, und zwar die Absicht, eine Calling Range gegen die Open Raises zu entwickeln. Erinnere dich daran, was passiert, wenn wir mit jedem Blatt, das wir spielen wollen, eine 3-Bet setzen: Unser Spiel wird logischerweise linear oder geradlinig. Um eine 3-Bet-Value-Range von einer 3-Bet-Bluff-Range zu trennen, bedarf es unbedingt einer Calling Range. Für eine polare Range ist diese Trennung ein Muss, deshalb ist eine Calling Range überhaupt erst erforderlich.

Im Folgenden ein Beispiel einer polaren Strategie, die wir anwenden könnten, wenn wir uns im Big Blind mit dem Open Raise eines erfahrenen tighten Spielers im HJ konfrontiert sehen. Beachte, dass unsere Value-Range tight ist. Das liegt daran, dass wir nur in solchen Fällen einen Pot aufbauen wollen, in denen unser Blatt auch noch gut aussieht, wenn der Villain weiterspielt. Wir haben wesentlich mehr Bluffs als Value-Blätter. Das ist zu erwarten, denn wir gehen davon aus, dass der Villain gegen unsere Strategie zu tight spielen wird. In dieser Auflistung bedeutet Grün eine 3-Bet mit dem Blatt des Values halber, Blau ein Call und Rot eine 3-Bet als Bluff.

Abschließende Gedanken

In diesem Beitrag haben wir die Grundvoraussetzungen für die Entwicklung von 3-Bet-Ranges dargelegt. Das Thema 3-Bets im Rahmen der Pokertheorie besteht jedoch aus wesentlich mehr als nur diesen drei Arten von Ranges. Doch mit einem soliden Verständnis davon, wann du die polaren und wann die linearen Ranges verwenden solltest und wie du diese gestaltest, bist du schon mal schwächeren Spielern voraus, die sich mit diesem Aspekt des Spiels nicht ernsthaft beschäftigt haben.