Verteidigung gegen 3-Bets

Bei der Verteidigung unserer Range gegen eine 3-Bet geht es darum, die perfekte Balance zu finden: Zum einen wollen wir verhindern, dass der Villain profitabel 3-Bets mit schwachen Blättern setzen kann, und gleichzeitig wollen wir auch nicht so viele Calls machen, dass jemand mit einer reinen Value-Range zu viel Geld mit uns gewinnt. Wir gehen im Folgenden davon aus, dass die 3-Bet-Range eines unbekannten erfahrenen Spielers (eines Regulars) aus einer guten Mischung aus stärkeren und schwächeren Blättern besteht.

Ich werde in diesem Teil der Serie nicht wieder auf Freizeitspieler als Gegner eingehen. Es genügt wohl zu sagen, dass die 3-Bet-Range dieser Spieler sehr viel schmaler (also „tighter“) ist als die des durchschnittlichen Spielers mit einiger Erfahrung. Deshalb sollten wir uns in diesem Fall bei unseren Calls an Starthände halten, die das Potenzial eines monstermäßigen Blatts (oder Nut-Potenzial) haben – also Blätter mit höheren Implied Odds, wie suited Cards und Pocket-Paare – und die leicht zu dominierende Art von Blättern wie AJo vermeiden, wenn der gebotene Preis nicht gerade unwiderstehlich ist.

Eine aus zwei Hälften bestehende Verteidigung

Wir sollten, jeweils abhängig von dem Spiel, anstreben, unsere Opening Range in ungefähr 40 bis 55% aller Fälle gegen eine 3-Bet zu verteidigen. Bei den niedrigeren Micro Stakes stoßen wir wahrscheinlich auf solche Gegenspieler, die eher zu einer ABC-Spielweise tendieren. Wir sollten deren 3-Bet-Ranges respektieren und die Häufigkeit, mit der wir verteidigen, näher bei 40% ansiedeln. Diese Häufigkeit ist ebenfalls gut für Live-Spiele mit Stakes von $1/$2 und $2/$5, bei denen eine sehr tighte 3-Bet-Range zu erwarten ist. Beim Aufstieg in den Limits werden deine Gegenspieler voraussichtlich mehr Druck machen und mehr auf Fold-Equity setzen. Hier wäre es ratsam, deine Häufigkeit näher an 55% heranzubringen. Es gilt, bei unserem Spiel eine optimale ausgeglichene Range gegen 3-Bets zu haben. Hierzu müssen wir uns über zwei Dinge bewusst sein: die Range und die Situation.

Ein Bewusstsein von der Range

Ein Verständnis davon, in welchem Bereich deiner Opening Range du dich bewegst, ist ein bisschen wie im Dunkeln nach dem Lichtschalter zu suchen – du hast bessere Aussichten auf Erfolg, wenn du deine Umgebung kennst. Eine gute Übung, um dich auf Konfrontationen mit 3-Bets vorzubereiten, ist es, deine Opening Ranges von jeder Position herauszuarbeiten und dann zu zählen, wie viele Kombinationen in jeder Range vorkommen. Bestimme anschließend die prozentuale Häufigkeit, mit der du verteidigst, und orientiere dich hierbei daran, wie aggressiv die Spiele in Bezug auf 3-Bets sind. Multipliziere nun die Anzahl deiner Starthand-Kombinationen mit dieser Prozentzahl. Das Ergebnis ist die Anzahl von Kombinationen, mit denen du gegen einen durchschnittlichen erfahrenen Spieler im Spielerpool verteidigen solltest. Der nächste Schritt ist, zu planen, mit welchen Kombinationen du diese Häufigkeit umsetzt. Teile diese Starthände wie folgt auf: Ganz oben die Value-4-Bets, in der Mitte die Calls und dann ein paar 4-Bet-Bluffs der Balance halber. Die Bluffs sollten solche Blätter sein, die nicht unbedingt stark genug sind für einen Call, jedoch ausreichend Potenzial haben, um damit gelegentlich auch etwas zu floppen – für den Fall, dass der Villain es wagt, unsere 4-Bet mit einem Call zu erwidern. Im Allgemeinen lässt sich unsere Verteidigungsstrategie so beschreiben:

Diese Strategie kann als ein polarer Ansatz für die Verteidigung gegen 3-Bets definiert werden und stellt die bei weitem gängigste Vorgehensweise in der Situation dar. Achte darauf, deine 4-Bet-Bluff-Range wegfallen zu lassen, wann immer du den Villain für zu waghalsig hältst, um auf eine 4-Bet hin zu passen, oder für so tight, dass er Open Raises nur mit Premium-Blättern macht.

Situationsbewusstsein

Man kann Pokerspiele nicht gewinnen, indem man blindlings von Tabellen abliest. Wir verlassen uns zwar auf Tabellen, um den Grundgedanken hinter unserer Verteidigungsstrategie zu verinnerlichen, doch es ist unabdingbar, dass wir immer am Ball bleiben und in der Lage sind, unsere Verteidigungsrange (Defence Range) gegen 3-Bets anzupassen – jeweils abhängig von den einzigartigen Faktoren, die jede Situation mit sich bringt. Nehmen wir beispielsweise die folgenden spezifischen Umstände:

  • Wenn die 3-Bet unseres Gegenspielers zu gering ausfällt, verbessert dies unsere Pot Odds ungemein. Deshalb sollten wir unsere Defence Range ausdehnen und uns dabei insbesondere auf Starthände mit höheren Implied Odds konzentrieren, wie kleine Paare, suited Connectors und Gappers.
  • Sind wir ohne Position am Pokertisch, so sollten wir die Häufigkeit, mit der wir verteidigen, am unteren Ende der Skala ansiedeln. Mit Positionsvorteil können wir die Häufigkeit dann wieder etwas nach oben hin anpassen.
  • Wenn mit größeren Chipstacks gespielt wird, gewinnen die Blätter mit Nut-Potenzial, wie Paare, Connectors und „suited Karten“, an Wert. Hohe Offsuit-Karten verlieren in dem Fall an Wert.
  • Bei kleinen Stacks am Tisch solltest du beim Verteidigen solche Blätter bevorzugen, mit denen du gute Chancen hast, nach dem Flop ein starkes Paar zu treffen und deinen Stack zu verdoppeln.

Ein Beispiel – BU vs. Blinds

Mit einem Open auf dem BU können wir voraussichtlich mit einer weiten Bandbreite an Blättern profitabel den Pot stehlen. Dies liegt an der Kombination aus der Fold Equity vor dem Flop und dem Positionsvorteil nach dem Flop. Das heißt, dass wir mit einer sehr umfangreichen Bandbreite von Blättern anfangen und dass wir mit einer recht hohen Anzahl von Blättern verteidigen müssen, um die gesetzten Voraussetzungen für die Verteidigung zu erfüllen. Die meisten Gegenspieler, selbst die in den Online-Spielen mit niedrigeren Stakes, werden in dieser Situation einigermaßen gut darin sein, uns mit unserer Opening Range unter Druck zu setzen. Ihnen ist sehr wohl bewusst, dass unsere Bandbreite aus ungefähr 600 bis 800 Kombinationen besteht (eine Range von ca. 40 bis 60%).

Nehmen wir einmal an, wir spielen ein standardmäßiges Open Raise auf 2,5 BB und der Villain macht von einer der Blind-Positionen ein standardmäßiges Re-Raise auf 9 bis 10 BB. In diesem Fall würde unser Standardverfahren so aussehen: Grün bedeutet eine Value-4-Bet, Dunkelblau ein Call und Rot ein 4-Bet-Bluff. Mit Blättern in Hellblau passen wir auf die 3-Bet hin. Und mit allen anderen Blättern hätten wir gar nicht erst einen Open Raise gemacht.

Vielleicht ist unsere Value-4-Bet-Range hier tighter, als du gedacht hättest. Wir müssen uns des Unterschieds genau bewusst sein zwischen solchen Blättern, die der durchschnittlichen 3-Bet-Range des Villains voraus sind, und solchen, die zusätzlich der Range voraus sind, mit der er mit einer 4-Bet mitgeht. Wie wir bei unserer Betrachtung von Value Bets festgestellt haben, ist die erste Kategorie von Starthänden ungenügend für eine Value Bet, während die zweite genau richtig dafür ist. Wir gehen zwar davon aus, dass wir mit einem Blatt wie AQs oder JJ einen komfortablen Vorsprung gegenüber der 3-Bet-Range des Villains haben, doch dürfen wir eins nicht vergessen: Viele Spieler werden eine 4-Bet entweder mit einem All-in oder mit einem Fold erwidern (diese Spielweise ist schließlich am einfachsten). Das heißt, wenn wir mit unserem Blatt nur ungern unseren ganzen Stack in die Mitte schieben würden, war es nicht stark genug, um damit überhaupt erst eine Value-4-Bet zu setzen.

Unsere Call-Range ist hier eine Mischung aus hohen Offsuit-Karten, mit denen man oft ein Top-Paar floppt, mittelmäßigen vielseitigen „suited Karten“ und mittleren Paaren sowie ein paar niedrigeren Blättern wie 66 und 87s mit vielversprechenden Implied Odds. Wenn wir mit diesen Blättern verteidigen, ist es nicht unbedingt unser Ziel, damit Geld zu gewinnen, sondern damit besser abzuschneiden, als wir es mit einem Fold getan hätten, der uns 2,5 BB pro Hand kostet.

Wir haben dieses Konzept in Teil 5 der Serie beim Thema „Calling Opens“ in der Praxis gesehen, insbesondere bei unserer Betrachtung der lukrativen Pot Odds im Big Blind. Es sollte gesagt werden, dass einige der Blätter in Blau in dieser Auflistung nur wenig besser für einen Call geeignet sind als für einen Fold, wobei wir von gleichwertigen Postflop-Skills ausgehen.

Zu guter Letzt haben wir unsere 4-Bet-Bluff-Range, in der Blocker im Vordergrund stehen. Der Villain wird sich mit dem oberen Ende seiner Range oft für ein All-in statt für eine gewöhnliche 4-Bet entscheiden, womit er uns die Möglichkeit nimmt, unsere Equity auch nur ansatzweise zu verwirklichen. Deshalb haben wir mit einem As oder König auf der Hand eine höhere Fold Equity und treffen damit seltener auf All-ins, da weniger Kombinationen aus AA, KK und AK im Kartendeck übrig bleiben. Mit allen Blättern, die gleichwertig sind mit A5s, hat ein 4-Bet-Bluff einen höheren EV als mit Q9s. Deshalb fällt unsere Wahl hier auf Starthände wie A5s, die für weniger hohe Kombinationen im Kartendeck sorgen und sich auch nach dem Flop gut spielen lassen, wenn wir einen Call kriegen.

Abschließende Gedanken

Viele Spieler fühlen sich unbehaglich, wenn sie in den Spielen aufsteigen und es dann mit einer größeren Häufigkeit von 3-Bets zu tun bekommen. Wie du gesehen hast, sind sorgfältige Planung und Situationsbewusstsein der Schlüssel für eine erfolgreiche Anpassung an diese neue Spielumgebung. Wir müssen nicht übermäßig aggressiv spielen, um gegen aktive 3-Bettor vorzugehen. Wir brauchen lediglich eine im Voraus geplante solide „Schlachtstrategie“. Zudem bedarf es aufmerksamer Beobachtung, um Hinweise auf die Spielweise unserer Gegner (Reads) aufzuschnappen und unsere Strategie entsprechend anzupassen.